12. Teil LACH DIAMANT – 100 Jahre

„1984”

„Als ich im Jahre 1908 zum ersten Mal in meinem Leben einen Diamant in die Hand nahm, hätte ich mir nicht träumen lassen, dass eines Tages Diamant als Schneidstoff nicht nur in der Automobil-Industrie, sondern auch zur Zerspanung von Holz und Kunststoffen eingesetzt werden kann.“

Jakob Lach, der Firmengründer, sprach diesen Satz 1980 vor laufender Kamera aus. Es sollte das Vorwort zur ersten Präsentation einer neuen Technik für die Zerspanung von Holz und Kunststoffen werden – dem Einsatz von Diamant als Schneidstoff – dem Dia-Werkzeug. Dieses Video, dessen Ton in mehrere Sprachen übersetzt wurde, hat auch heute noch von seiner Aktualität der geeigneten Werkzeuge beim Einsatz für die Fertigung in der Möbel-, Fußboden- und Kunststoff-Industrie nichts eingebüßt.

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Firmengründer Jakob Lach 1894 – 1984

Während ich die soeben niedergeschriebene Zahl „1984“ vor mir sehe, wird mir bewusst, dass auf das Jahr 2024 bezogen seitdem vierzig Jahre vergangen sind.

In der Literatur ist „1984“ ein Klassiker, 1949 erstmals unter diesem Titel von Georg Orwell veröffentlicht (berühmtes Zitat: „Big brother is watching you“) und 35 Jahre später mit dem berühmten Schauspieler Richard Burton verfilmt und 1984 uraufgeführt; Burton verstarb jedoch vor dem Premierentermin.

Für die Computerindustrie hatte das Jahr 1984 ein revolutionäres Ereignis bereit. Ein Gerät mit einer grafischen Benutzeroberfläche, die den Einsatz von Maus und Tastatur ermöglicht: den Macintosh von Apple, der es durch seine benutzerfreundliche Schnittstelle Menschen, auch ohne großen technologischen Kenntnisstand, den Zugang zur digitalen Welt erschloss. Für den Musikkonsum wurde im gleichen Jahr der erste CD-Player für den Massenmarkt eingeführt, der auch hier einen ganzen Geschäftszweig beflügeln sollte.

dihw Magazin

Dieser Artikel ist im dihw Magazin (Ausgabe #1 | 2025) erschienen.

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Und bei LACH DIAMANT in Hanau? Wie ging es weiter …

Das Jahr 1984 soll das ganz große Jahr werden. Endlich besteht die Chance, die auseinanderliegenden Betriebsstätten mit der Verwaltung auf einem neuen Betriebsgelände zu vereinen. Die bisher vorhandenen Kapazitäten drohten aus allen Nähten zu platzen. Die seit der LIGNA 1979 frisch hinzugekommene Fertigung von Dia-Werkzeugen für die Holz-industrie unter der Flagge des neu gegründeten Unternehmens „LACH-SPEZIALWERKZEUGE GMBH“ erhöhte zusätzlich diesen Druck. Auf dem jungfräulichen Gelände in Hanau, Donaustraße, war im Herbst 1982 Baubeginn für die neuen Verwaltungs- und Betriebsteile.

Luftaufnahme der LACH DIAMANT Werke in der Donaustraße, Hanau – Stand 1988

Bereits am 13. September 1983 – dem 89. Geburtstag von Jakob Lach konnte das Richtfest vom Verwaltungsgebäude gefeiert werden. Der Umzug der Fertigung Diamant- und CBN Schleifscheiben und der polykristallinen Zerspanungswerkzeuge wurde für die Zeit vom 8. bis 19. November 1983 festgelegt. Bereits am 9. Dezember – einem Samstag – meldete die Schleiferei
für PKD-Werkzeuge ab sofort „schleifbereit“!

Die täglichen Ereignisse überschlugen sich. Neue Mitarbeiter wurden gesucht und eingestellt. Der Umzug der Verwaltung und Naturdiamant-Schleiferei von der Bruchköbeler Landstraße musste vorbereitet werden.

Hohe Auftragsbestände sprengten die Kapazitäten aller Fertigungsbereiche. Es musste jetzt schnell gehen. Mitte April 1984 war es endlich soweit, dass die Verkaufsabteilungen und Buchhaltung mit Rechnungswesen in das neue Verwaltungsgebäude in der Donaustraße in Hanau einziehen konnten.

Jakob Lach, der es sich noch zwei Jahre zuvor nicht hatte nehmen lassen, die Entwicklungen der einzelnen Betriebsteile durch persönliche Besuche zu erkunden, war nach einem unglücklichen Sturz auf die Hilfe von Pflegepersonal angewiesen. Was ihn nicht davon abhielt, Tag für Tag in seinem Büro seine geliebten (Natur-)Diamanten zu sortieren; beispielsweise als Vorbereitung für das Fassen und Schleifen von Einzel-Abricht- und Profil-Diamanten.

Doch wenige Tage nach dem Auszug aus der Bruchköbeler Landstraße, das gleichzeitig sein Privathaus umfasste, verließen ihn seine Kräfte. Jakob Lach verstarb friedlich am Abend des 25. April 1984.

3. September 1983, der große Tag für Jakob und Sohn Horst Lach, Richtfest und gleichzeitig der 89. Geburtstag von Jakob Lach

Der Durchbruch

Seit meiner Entdeckung der Funken- Elektro-Erosion Ende 1978 für das Bearbeiten polykristalliner Schneidstoffe waren jetzt fünf Jahre vergangen.

Ein Blick wie aus einem dunklen Tunnel tat sich auf: PKD- und CBN-Schneidstoffen, die bis dato ausschließlich in Einzel-Schneiden als z.B. Schneidplatte (fälschlicherweise als „Wendeschneidplatte“ bezeichnet) für Drehaufgaben eingesetzt werden konnten, stand nunmehr die ganze Welt der Zerspanung offen. Als Fräswerkzeug mit aufgelöteten Diamanten bewehrt, konnte es als „Kompakt“-Werkzeug bisher „geschätzte“ Hartmetall-Schneiden sowohl durch Standzeit als auch Wirtschaftlichkeit ablösen.

Erste Nutzer waren die mittelständischen Möbelhersteller sowie Holz- und Kunststoff- Verarbeiter, welche die bis zu 350fache Standzeit gegenüber Hartmetall-Werkzeugen auf den neu entwickelten numerisch gesteuerten Holzbearbeitungsmaschinen sofort mit Erfolg und Gewinn einsetzen konnten. Der Durchbruch in der serienfertigenden Metall- und Automobil-Industrie sollte verzögert Ende der 1980er Jahre erfolgen.

Nachdem ich seit Anfang 1982 in einer Art Geschäftstagebuch tägliche Ereignisse festhalte, kann ich auch heute noch die damalige aufregende und spannende Zeit als ständige Entdeckungsreise nachvollziehen. So finde ich mit Datum vom 15. Juli 1984 einen Eintrag, den ich als „Legende“ bezeichnet hatte.

Auch heute noch ist dies eine Aufzeichnung, die den Stand der Technik aus damaliger Sicht wiedergibt; dies möchte ich Ihnen als Leser nicht vorenthalten:

15. Juli 1984, entnommen dem Geschäftstagebuch von Horst Lach


„Seit 1973 bearbeitet LACH polykristalline synthetische Diamanten. Auf der Hannover Messe 1973 stellte LACH erstmals polykristalline Drehwerkzeuge für das Drehen von Aluminium, Messing, Kupfer und auch für das Drehen von Kunststoffen vor. Ein Jahr später, 1974, zeigte LACH auf der gleichen Ausstellung bereits das Fräsen mit polykristallinen Diamanten am Beispiel von Aluminium, Duroplasten, Fiberglas und Plexiglas. 1975 war das Jahr der ersten Präsentation eines polykristallinen kubischen Bornitrid Drehwerkzeuges für das Drehen von gehärtetem hochlegierten Stahl (über 55 HRc) und von Guss.

1977 stellte LACH auf der Productronica in München die erste Diamant-Säge für das Sägen von Leiter­platten­materialien vor.

Alle diese Entwicklungen zeigten uns immer wieder, dass wir es bei dem von uns gewählten Werkstoff Diamant mit einem sehr harten, zähen Werkstoff zu tun haben. Wir versuchten immer wieder neue Wege zu beschreiten.

Die eigentliche zündende Idee – im wahrsten Sinne des Wortes – bekam ich im Jahr 1978. Das war der Durchbruch – und eröffnete erstmals die Möglichkeit, den poly­kristallinen Diamanten so zu bearbeiten, dass er in eine Serien-Werkzeugfabrikation Eingang finden konnte. Die Gründung der LACHSPEZIAL-WERKZEUGE GMBH, die sich rasch weltweit als Pionier und Führer in der Entwicklung polykristalliner Diamant-Werkzeuge für die Holz- und Kunststoff­verarbeitende Industrie profilieren sollte, Anfang des Jahres 1979 war die Folge.

Der Aufnahme dieser Serienfabrikation folgte eine Flut von Patent­anmeldungen, die das Know-how und Überlegenheit der von mir verwirklichten Ideen für alle Welt dokumentieren.

So darf es nicht wundern, dass diese Ideen auch zu neuen Lösungen im Ablauf bei der Diamant-Bearbeitung führten. LACHSPEZIAL-Diamant-Werkzeuge sollten so schnell und so präzise wie möglich gefertigt werden. Und das alles automatisch. Diese Vorstellung führte zwangsweise – parallel zur Entwicklung der Diamant-Werkzeuge – zu einem eigenen Maschinenbau.

Das Ergebnis von über zehn Jahren Erfahrung in der Herstellung polykristalliner Diamant-Werkzeuge plus fünf Jahre Entwicklung von Sondermaschinen für die Herstellung dieser Werkzeuge liegt jetzt als 3. Maschinen-Generation vor. Diese Maschinen sind unter der Serienbezeichnung M 900 nunmehr soweit erprobt und ausgereift, dass wir uns freuen, diese Paarung aus präzisem deutschen Werkzeug­maschinenbau und moderner Elektronik unseren Lizenznehmern in aller Welt nunmehr bieten zu können.

Patente in aller Welt sind für diese technologische neue Entwicklung beantragt. Der Erwerber dieser Maschinen erhält mit dem Kauf dieser Maschine gleichzeitig das lizensierte Recht, Diamant-Werkzeuge nach dieser zum Patent angemeldeten Erfindung herzustellen.“

Pionierarbeit

Aus den Maschinen der dritten Generation wurde bald die vierte, fünfte usw.

Das mit dem Bau dieser Maschinen entstandene Know-how steht dem heutigen Anwender, dem Hersteller von Dia-Werkzeugen für die Holz- und Kunststoff-Industrie sowohl für die Fertigung als auch für das Schärfen dieser Dia-Werkzeuge auch im Servicebetrieb das Erfolgsmodell »Dia-2200-mini« zur Verfügung.

…Erfolge wie diese werden nur in Teamwork verwirklicht – beharrlich, ohne Selbstzweifel – selbst wenn das Ziel noch so verrückt sein sollte – so lässt sich auch Pionierarbeit verwirklichen. Viele Entwicklungen und Patentanmeldungen der achtziger Jahre zeugen davon. In der Möbel-, Holz- und Laminat-, Fußboden- und Kunststoff-Industrie starteten polykristalline Dia-Werkzeuge und waren aufgrund ihrer Wirtschaftlichkeit aus deren Fertigung schon sehr schnell nicht mehr wegzudenken.

Aus numerischen Datenträgern (NC) wurden computergesteuerte Befehle (CNC), die Maschinen schneller, präziser fertigen ließen.

Veränderungen waren in allen Lebens- und Arbeitsumgebungen spürbar. Denke ich nur an den Platzmangel vor unserem Umzug in die Donaustraße. Zum Beispiel in der Buchhaltung: zuletzt mussten wir einen Teil von Buchhaltung und Rechnungswesen in Containern auf den Parkplätzen der Bruchköbeler Landstraße auslagern.

Die sich fortwährend steigernden Umsätze hatten ihren Preis verlangt. Jede Ausgangsrechnung musste von einem eigenen Mitarbeiterstab manuell getippt und entsprechend einzeln verbucht werden.

Oder Beispiele aus der Fertigung: Technische Zeichner mussten auf ihren „Brettern“ Konstruktion und Maßzeichnungen für die weiteren Bearbeitungsschritte an der jeweiligen Werkbank erzeugen. Fertige Werkstücke wurden zeitaufwendig in einer eigenen Abteilung auf „Gravier-Maschinen“ (mit Storchnagelsystem) beschriftet: heute mit Lasertechnik reichen wenige Sekunden.

Letztlich ist es der Mensch

Ohne es selbst groß zur Kenntnis zu nehmen, profitierten wir alle in den achtziger bis in die neunziger Jahre von diesem „Zauber“ – Schriftstücke konnten plötzlich von einem zu einem anderen Ort über weite Entfernungen gesendet werden. Geräte zur persönlichen Kommunikation wurden uns quasi in die Hand gelegt, um uns Anderen, gleich an welchem Ort, durch persönliche Rede mitteilen zu können – und umgekehrt.

Doch über allem ist es der Mensch – im jetzigen Sinne der Mitarbeiter, der Ideen bis zum Pioniergeist aufnimmt und letztendlich verwirklichen kann.

Wenn ich so an diese Zeit – den Beginn der achtziger Jahre zurückdenke, fallen mir aus dieser Zeit einige Namen ein, die in großen und kleinen Dingen zum Erfolg von LACH DIAMANT beigetragen haben (ohne Anspruch auf Vollständigkeit nehmen zu wollen):

Dipl.-Ing. Günter Hobohm, Rita Stein-Junkuhn, Dieter Claus, Konrad Wagner, Bernd Troyke, Gerhard Mai, Konrad Stibitz, Joachim und Andreas Weber, Kurt Hemerka, Gerd Gottschalk, Edgar Schneider, Martina Titze-Watolla, Wolfgang Huck, Heinz Beyer, Willi Dressbach, Konrad Fuchs, Ernst Hayn, Andreas Hesse, Gerhard Iffland, Georg Hessberger, Marina Schütte-Lottig, Mathias Lottig, Armin Staub, Elfriede Werner, Walter Reichert, Wilhelm Reusswig, Alexander Bart, Wolfgang Gärtner, Günther Pallischeck, Hans-Werner Giese, Rolf Hasselbach, Julius Schröder, Herbert Wießner.

Die Eindrücke und Erlebnisse aus dieser Zeit, die sich auch aus meinen Geschäftstagebüchern widerspiegeln, sind so gewaltig und umfangreich, dass sie die Artikel- Serie „100 Jahre LACH DIAMANT“ sprengen würden.

Für mich und meine Frau Margot war diese Zeit angefüllt mit vielen Reisen quer durch die USA – einmal, um Kunden für Lizenzen zu gewinnen und zum anderen, um den „Rohstoff polykristalliner Diamant“ in Gesprächen mit dem damaligen Hersteller General Electric, Worthington/Ohio an unsere Ideen und gesteigerten Bedarf anzupassen.

Dies mit Erfolg – nicht nur die Größe der PKD-Platten wuchs von Anfangs Ø 3,4 mm auf Ø 54 mm Durchmesser, sondern durch die nunmehrigen Abnahmemengen konnte der Preis der PKD Platten/Ronden deutlich gesenkt werden, was zur weiteren Akzeptanz von Dia-Werkzeugen beitrug.

Das Image des Pioniers LACH DIAMANT für die Metall- und Holzbearbeitung wurde zu dieser Zeit auf internationalen Fachmessen in Deutschland, Italien, USA, China und Singapore verbreitet.

Ein PKD-Sonderfräser wird Zahn für Zahn automatisch auf der „mini” präzise erodiert

Doch es waren nicht nur die Dia-Werkzeuge, die im besonderen Fokus der Interessen standen – es waren auch die besonders von LACH DIAMANT entwickelten »EDG« Electrical Discharge Grinding-Maschinen, die zum Beispiel das Schärfen der entwickelten polykristallinen Dia-Werkzeuge erst möglich machten.

Zur Illustration habe ich für Sie Fotos internationaler Messe-Präsentationen aus den 80er Jahren herausgesucht. Im nächsten Artikel lassen wir Sie an einer vergnüglichen Rede teilhaben, die ein Sachse während unserer 100-Jahr-Feier hielt, die seinen ersten nicht so ganz einfachen Weg von Sachsen nach Hanau beschreibt. Freuen Sie sich darauf.

Ihr Horst Lach